Redebeitrag zu Rojava auf der No War Kundgebung am 20.05.20

Wir leben in turbulenten Zeiten: Das Corona-Virus fordert Todesopfer und bringt selbst reiche Industriestaaten an ihre Grenzen. Menschen sind auf der Flucht und werden in Lagern sich selbst überlassen und dem tödlichen Virus ausgeliefert. Die Klimakrise verschärft sich weiter und in den Städten gehen Rechte, Verschwörungsideolog*innen und Esos auf die Straße, um gegen eine angebliche „Maulkorb-Diktatur“ zu protestieren.

Gleichzeitig gehen die weltweiten Kriege weiter und verschärfen die ohnehin schon desolate Situation in den dortigen Gebieten. Nicht anders in Nordostsyrien und anderen kurdischen Regionen.

Der faschistische türkische Staat verschärfte in den letzten Wochen die Angriffe auf die autonome Region. Nachdem er in den letzten Jahren immer wieder Angriffe vorgenommen hatte und völkerrechtswidrig große Gebiete besetzt hält, intensiviert er in dieser schwierigen Situation den Krieg gegen den kurdischen Befreiungskampf und damit gegen die Chance auf Frieden in der Region.

Es vergeht kein Tag ohne Entführungen, Vergewaltigungen und Plünderungen. Mehr als zehn Personen wurden allein im letzten Monat gezielt ermordet. Gezielt wurden auch Versorgungseinrichtungen, Schulen und Krankenhäuser angegriffen. Auch Geflüchtetenlager werden immer wieder Ziel der Türkei und ihrer dschihadistischen Verbündeten.

Aber damit nicht genug: Auch Wasser wird von Erdogan zur Kriegswaffe gemacht. In Hassakeh wurde im März zum wiederholten Male die Wasserversorgung durch das Wasserwerk Elok, das sich in einem seit Oktober 2019 von der Türkei besetzen Gebiet befindet, abgeschnitten. Die Arbeiter*innen wurden verjagt und der Betrieb des Wasserwerks gestoppt. Dadurch waren mindestens 460.000 Menschen nicht in der Lage die Hygienemaßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 umzusetzen. Unter anderem war auch die Wasserversorgung eines Camps, in dem mehr als 65.000 Binnengeflüchtete leben und einer Corona-Notfallklinik, unterbrochen.

Außerdem gibt es auch anderweitig immer wieder Versorgungsengpässe. Denn die Türkei und ihre islamistischen Verbündeten kontrollieren die Hauptautobahn M4 und schneiden immer wieder Regionen von der Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern ab.

Im Jahr 2019 wurden durch IS und den türkischen Staat mehr als 40.000 Hektar landwirtschaftliche Anbaufläche und damit die Ernte durch gezielte Brände zerstört. Und auch während der Pandemie wird diese menschenfeindliche Taktik, die sich gegen die Zivilbevölkerung richtet, fortgesetzt. Allein im Mai gab es Brandstiftungen in mehr als 20 Gebieten. Diese Gebiete grenzen an die von der Türkei und der sogenannten Syrischen National Armee besetzten Regionen. Das Ziel ist ganz klar die Vertreibung der Bevölkerung und ethnische Säuberung.

Ein weiterer Beleg für die geplante Intensivierung des Konflikts sind die Verschiebungen von dschihadistischen Söldnern von Idlib in kurdische, von der Türkei besetzte Gebiete. Von dort aus kommt es schon jetzt vermehrt zu Beschüssen und anderen Angriffen. Mit unter anderem deutschen Waffen wird versucht die Zivilbevölkerung einzuschüchtern, zu vertreiben und zu ermorden.

Ein Ziel der türkischen Taktik scheint zu sein, die Autonomieverwaltung in dieser schwierigen Situation weitestgehend zu schwächen und den nächsten großangelegten Angriff vorzubereiten. Es stellt sich also nicht die Frage, ob die Türkei wieder vermehrt angreifen wird oder nicht, die Frage ist, wann sie es tun wird.

Trotz alle dem organisierten sich die Menschen in Rojava schnell gegen die Pandemie. Schneidereien wurden umfunktioniert, um Masken und Schutzausrüstung herzustellen. Diese wurden dann an die Bevölkerung und an die Gesundheitsarbeiter*innen verteilt. Die Menschen werden durch die Kommunen mit Lebensmitteln und grundlegenden Dingen versorgt, Strom und Wasser werden zur Verfügung gestellt..

Dies sind wichtige Maßnahmen, aber es mangelt an lebensnotwendigen Gütern und medizinischer Ausstattung. Zwar hat sich im Gesundheitswesen in Nordostsyrien in den vergangenen Jahren viel getan, aber durch den anhaltenden Krieg und die Besatzung mangelt es an vielem. Nur eins von 16 Krankenhäusern ist voll funktionsfähig, es gibt nur 40 Intensivbetten und etwa genauso viele Beatmungsgeräte. Auch an Corona-Test-Kits mangelt es. Hilfslieferungen durch UNO und WHO finden seit Januar dieses Jahres aufgrund des russischen Vetos nicht mehr statt.

Inmitten eines Angriffskriegs leidet die Zivilbevölkerung zusätzlich unter Pandemie und gezielt herbeigeführten Versorgungsengpässen. Deshalb sollten wir uns jetzt mehr denn je solidarisch zeigen mit der Revolution und dem radikaldemokratischen Projekt in Rojava. Spendet wenn ihr könnt und werdet oder bleibt aktiv gegen den türkischen Faschismus und den blutigen Krieg! Bereitet euch auf einen neuen Tag X vor und informiert euch über die Entwicklungen in Kurdistan.

Lasst uns die Menschen in Rojava und ihren inspirierenden Kampf nicht vergessen und solidarisch zusammenstehen: Gegen Krieg! Gegen Faschismus! Für eine friedlichere Welt ohne Kapitalismus und Patriarchat!

Alle Beiträge sowie einen kleinen Bericht zur Kundgebung findet ihr auf der Seite von No War Berlin –> http://nowar.blogsport.de/2020/05/21/militaerische-aspekte-der-corona-krise-bericht-von-der-kundgebung/#rojava

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